Die Antwort auf K. Meyl's Frage:

Berechnung der jährlichen Erdexpansion durch
pp-Neutrinos von der Sonne

Gerhard W. Bruhn, Fachbereich Mathematik der TU Darmstadt

K. Meyl geht in [1], S.2, von der Hypothese aus, dass die von der Erde absorbierten Neutrinos von der Erde "materialisiert" werden und so einen Massenzuwachs der Erde verursachen, der nach der Einstein-Relation berechnet werden kann. Obwohl sich gegen diese Annahme einiges sagen lässt, mag sie als obere Abschätzung des durch Neutrinos verursachten Masseneintrages hingehen. Hier soll die bei K. Meyl [1] nicht vorhandene Berechnung der Erdexpansion infolge Neutrino-Strahlung nachgeholt werden. (Die von K. Meyl in [1] durchgeführten Rechnungen haben mit seiner Hypothese von der Erdexpansion durch Neutrino-Absorption nichts zu tun und sind deshalb auch nicht geeignet, diese Hypothese zu beweisen.)

1. Allgemeine Größen

Masseäquivalent μ = 9·1013 J/g nach E. Schmutzer [3], S. 1079
Energie-Einheiten 1 eV = 1,60219·10−19 J nach Meyer Gr. Taschenlexikon
Erdradius R = 6378 km = 6378·103 m nach Meyer Gr. Taschenlexikon
Erdoberfläche Ω = 510,101 · 106 km2 = 5,10101 · 1014 m2 nach Meyer Gr. Taschenlexikon
Erd-Querschnitt Q = 3,14 · 63782 ·106 m2 = 127796483·106 m2 = 1,27796483·1014 m2
Zeit 1 Jahr = 365 · 24 · 3600 sec = 31536000 sec

2. Neutrino-Daten

Absorptionsrate der Erde α = 10−11 Neu / Neu nach W. Hampel [2], MPIK HD 1)
Neutrino-Fluss Φ = 6,5·1010 Neu/cm2/sec
= 6,5·1014 Neu/m2/sec
nach W. Hampel [2], MPIK HD
Energie pro pp-Neutrino ε = 0,4 MeV/Neu
= 0,4·106 eV/Neu
= 0,4·106·1,60219·10−19 J /Neu
= 0,64·10−13 J /Neu
nach W. Hampel [2], MPIK HD
Masse pro pp-Neutrino M = ε / μ = 0,64·10−13 J /Neu / (9·1013 J/g)
= 0,64·10−13 9−1·10−13 g/Neu
≈ 0,07·10−26 g/Neu = 7·10−28 g/Neu
Massen-Eintrag pro Fläche Q
u. Zeit
MQ = α · Φ · M
= 10−11 · 6,5·1014 Neu/m2/sec · 7·10−28 g/Neu
= 4,6· 10−24 g/m2/sec = 31536000 · 4,6· 10−24 g/m2/Jahr
= 0,31536 · 4,6· 10−16 g/m2/Jahr = 1,450656 · 10−16 g/m2/Jahr
Massen-Eintrag der Erde
pro Jahr
= MQ · Q = 1,45 · 10−16 g/m2/Jahr · 1,278·1014 m2
= 1,854 · 10−2 g/Jahr ≈ 20 mg/Jahr
Massen-Eintrag pro Oberfl. Ω
und Zeit
MΩ = MQ · Q / Ω = 1,45 · 10−16 g/m2/Jahr / 4
= 0,3625 · 10−16 g/m2/Jahr

3. Änderung von Erd-Radius und Umfang (Erdexpansion)

Bei Annahme von H2O als (leichtestem) Beschichtungsmedium hat man als
Dichte ρ = 106 g/m3
Schichtdicke/Jahr = MΩ · ρ = 0,3625 · 10−16 g/m2/Jahr / (106 g/m3)
≈ 0,37 · 10−22 m/Jahr = 0,37 · 10−19 mm/Jahr
Jährlicher Zuwachs
des Erdumfangs
= 2π · 0,37 · 10−22 m/Jahr ≈ 2,33 · 10−19 mm/Jahr


4. Ergebnis

Eine Erdexpansion infolge Absorption von Neutrinos findet nicht statt.

Quellen

[1] K. Meyl, Erdwachstum durch Neutrino-Absorption,
http://www.tu-berlin.de/presse/tui/01mai/NeutrinoAbsorption42.pdf
http://www.geophysik.de/message/btg18.html

[2] W. Hampel, Astronomie mit Neutrinos
www.mpi-hd.mpg.de/nuastro/Papers/pasm02_hampel.pdf

[3] E. Schmutzer, Grundlagen der Theoretischen Physik, Teil II, BI Wissenschaftsverlag 1989

[4] G.W. Bruhn, Earth Growth by Accretion of Meteorites?
http://www2.mathematik.tu-darmstadt.de/~bruhn/Meteor_dust.htm

[5] H. Fritsch, Bemerkung zu Meyls Beitrag [1]
http://www.tu-berlin.de/presse/tui/01mai/fritsch_beurteilung-Meyl-Skriptum.pdf



1) W. Hampel gibt für pp-Neutrinos in Blei eine Halbwert-Länge von L = 0,95·1018 m an. Dieser Wert dürfte auch für das Material der Erdkugel die Größenordnung der Absorption bestimmen. Aus dem Abklingverhalten der Neutrino-Intensität

I(x) = I0 · e−x ln 2 /L.

ergibt sich für die Durchquerung des Erddurchmessers D = 1,2756·107 m somit eine relative Intensitätsänderung von
−α = (I(D)−I0) / I0 = e−D·ln 2 /L − 1 ≈ −D·ln 2 / L = − (1,2756 / 0,95)·ln 2 · 10−11 ≈ −10−11.

2) K. Meyl macht in [1], S.7 unten, die gesamte Tag-Nachtschwankung des Neutrino-Flusses für den Massenzuwachs der Erde verantwortlich. Obwohl mit den anerkannten Neutrino-Daten nicht vereinbar, können wir dem Rechnung tragen, indem wir den Absorptionsfaktor α um den Faktor 1011 auf den Wert 1 vergrößern. Dann vergrößern sich die Daten des Erdwachstums gleichfalls um den Faktor 1011. Der Erdradius wächst dann jährlich um 0,37 · 10−8 mm/Jahr und der Erdumfang um 0,25 · 10−7 mm/Jahr. Auch diese Werte liegen noch weit unter den von den Erdexpandierern reklamierten Werten.