Zur Rolle des magnetischen Vektorpotentials beim Aharonov-Bohm-Effekt

Gerhard W. Bruhn, Fachbereich Mathematik der TU Darmstadt

Betrachtet wird der bekannte Versuch der Beugung von Elektronen an einem Doppelspalt, wobei auf einem Bildschirm hinter der Doppelspalt-Blende ein Interferenzmuster der Häufigkeit auftreffender Elektronen entsteht.

 

 

Beim Aharonov-Bohm-Versuch wird nun im Bereich zwischen den beiden Schlitzen zusätzlich senkrecht zur Zeichenebene ein Magnetfluss B mit dem Vektorpotential A eingeschaltet.

(1)                                                                  B = rot A.

Man kann den Fluss sogar so eingrenzen, dass in dem für Elektronen zugänglichen Bereichen kein Fluss stattfindet, dort also B = 0 gilt. Dennoch "fühlen" die Elektronen das Magnetfeld, es kommt zu einer Verschiebung des Interferenzmusters.

Die Phasendifferenz der auf dem Bildschirm auftreffenden Wahrscheinlichkeitswellen wird durch dieses Magnetfeld verändert um

(2)                                                                        /h q ( ∫γ1 dx − ∫γ2 dx )

verschoben. Vordergründig gesehen hängt also die Phasenverschiebung von dem Vektorpotential A ab.

Das hat oberflächlich denkende Betrachter zu der Meinung verleitet, hier sei zum ersten Mal in der Physik eine direkte Wirkung eines Vektorpotentials zu erkennen. Doch diese Ansicht ist irrig: Denn die Wegintegrale in (2) lassen sich unter Umkehrung der Durchlaufungsrichtung des Weges γ2 umschreiben in

(3)                                                                   /h q ∫γ1−γ2 dx ,

wobei γ1−γ2 jetzt einen geschlossenen Weg bezeichnet. Aber hier kann der Stokes’sche Integralsatz angewendet werden

γ1γ2 A ·dx  = ∫∫Ωrot A · do,

wobei Ω die in den geschlossenen Weg γ1−γ2 eingespannte Fläche bedeutet. Mithin erhält man statt (3)

(4)                                                       /h q ∫∫Ωrot A · do = ∫∫Ω B · do.

Damit ist ersichtlich die Phasenverschiebung des Aharonov-Bohm-Effekts allein vom Fluss B des wirksamen Magnetfelds abhängig. Eine Abhängigkeit von der im Vektorpotential A enthaltenen zusätzlichen Information - A ist ja nur bis auf einen additiven Gradienten bestimmt - lässt sich nicht beobachten:

Wirksam für die Phasenverschiebung ist allein der magnetische Fluss B.

Die Elektronen "fühlen" nur den magnetischen Fluss B, nicht aber die in dessen Vektorpotential A enthaltenen Zusatzinformationen.

 

Literatur

R.P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands: The Feynman Lectures on Physics, Addison Wesley 1963, mit deutscher Übersetzung im Oldenbourg-Verlag 1973, Teil II-1, S. 15-11 ff.

L. Motta, Aharonov-Bohm Effect, Eric Weisstein's World of Physics

http://scienceworld.wolfram.com/physics/Aharonov-BohmEffect.html