Liebe Leser,
Die nachfolgend wiedergegebene Diskussion kam zustande, weil mein Diskussionspartner, der
Diplom-Physiker Holger Klein
einen Internetbeitrag
Neues von Maxwell
veröffentlicht hatte, der zwar die Fehlerhaftigkeit der Meylschen Thesen zu Skalarwellen
einräumte, zugleich aber vehement für eine neue topologisch fundierte Elektrodynamik
des amerikanischen Physik-Professors R.W. Kiehn, University of Houston, eintrat, an der ich gleichfalls einiges
auszusetzen hatte.
Der Diskussionsvorgang verlief zweistufig, d.h. jeder der Kontrahenten kam zweimal mit einer Darstellung
zu dem bereits vorliegenden Material zu Worte. Da ich das Gefühl habe, dass sie Diskussion dadurch
vielleicht etwas unübersichtlich geworden ist, möchte ich hier zunächst eine Übersicht über die Argumente
beider Seiten geben:
Zunächst Herrn Kleins Argumente:
Nach allgemeinen Betrachtungen stellt Herr Klein zunächst die Grundzüge von R.W. Kiehns neuer (2003)
topologisch fundierter Elektrodynamik vor und gibt die Formeln für ein Spinfeld und ein Torsionsfeld
an, die nach Kiehn jede EM-Welle begleiten.
Auf diese Weise habe Kiehn auch neuartige, auf klassischem Wege nicht erhältliche, Lösungen gewonnen,
Beispiele für nicht-transversale Vakuumlösungen der
Maxwell-Gleichungen, die in seinem
Übersichtsartikel
konkret angegeben werden. Damit dürften auch die (Meylschen) «Skalarwellen» ihre
mathematisch korrekte Begründung finden.
Darüber hinaus, so H. Klein, sei mit Kiehns Theorie auch die Erklärung für die mögliche Existenz
eines noch nicht näher bekannten Feldes, insbesondere aus dem Bereich der «alternativen»
Medizin, Homöopathie, Orgonenergie, Akupunktur, Heilsteine und Erdstrahlen zu erwarten,
und auf diesem Wege vielleicht sogar die Homöopathie zu rechtfertigen.
Schließlich gebe es auch experimentelle Bestätigungen:
Aus dem Bereich des ehemaligen Ostblocks wird über Experimente mit Feldern berichtet, wie sie Kiehn
in seinem
Übersichtsartikel
angegeben hat, Experimente mit Hilfe von Spin- und Torsionsfeldgeneratoren.
Meine Gegenargumente in Kurzform:
Der Begriff «transversal» liegt in der Physik mit geometrischer Bedeutung
seit vielen Jahrzehnten
fest und kann in jedem Lexikon oder einschlägigen Lehrbuch nachgelesen werden: «transversal»
bedeutet, dass die Schwingung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle erfolgt, wie man
insbesondere am Beispiel ebener EM-Wellen exemplifizieren kann.
Unter Verwendung des Vektorpotentials A der magnetischen Flussdichte B = rot A führt Kiehn jetzt zwei alternative
Transversalitätsbegriffe ein:
Eine Welle heißt im Sinne von R.W. Kiehn
elektrisch transversal, wenn A·D = 0 ist und
magnetisch transversal, wenn A·B = 0 ist.
Die Anwendung des Kiehnschen Transversalitätsbegriffes zeigt zunächst, dass die ebene
Welle nicht elektrisch transversal im Sinne von Kiehn ist, wenn man ein naheliegendes Vektorpotential
A benutzt.
Dieser Umstand ist geeignet, bei ahnungslosen Zeitgenossen Verwirrung zu stiften, wie man der oben
geäußerten Hoffnung auf eine Rettung Meylscher Skalarwellenthesen oder einer so vielleicht
möglichen Rechtfertigung der Homöopathie ersehen kann. Deshalb grenzt die Kiehnsche Definition von
Transversalität an Etikettenschwindel. Durch Umdefinieren des Begriffs
«transversal» lassen sich natürlich auch die Meylschen Skalarwellen nicht retten.
Überdies ist das zur Klassifikation einer Welle nach Kiehn erforderliche Vektorpotential A nur bis
auf einen beliebigen additiven Gradienten eindeutig bestimmt, und kein Physiker, auch Herr Kiehn
nicht, ist, z.B. im Fall einer ebenen Welle, in der Lage, messtechnisch zu bestimmen, welcher Gradient
denn nun der richtige ist. M.a.W., die Kiehnsche Definition ist praxisuntauglich und
nicht einmal zu der Feststellung geeignet, ob eine zu untersuchende EM-Welle
«Kiehn-transversal» ist oder nicht.
s.
Zu R.W. Kiehns Transversalitätsbegriff
Mit dem gleichen Manko physikalisch nicht bestimmbarer Potentiale sind auch die Kiehnschen Größen
Spin und Torsion behaftet, wie man an dem Auftreten der Potentiale A,Φ in ihren
Definitionsgleichungen sofort erkennt. Diesen physikalisch nicht bestimmten Größen
irgendwelche geheimnisvollen Wirkungen in der realen Welt zuzusprechen, ist pure Spekulation.
Die angeblich neuartigen Kiehnschen Lösungen der Maxwell-Gleichungen sind so neu nun auch wieder nicht:
Denn sie werden in der üblichen Weise aus einem Vektorpotential A und einem skalaren Potential
Φ erzeugt. Allerdings weisen sie eine Besonderheit auf, welche die auf gleiche Weise
sonst erzeugten Lösungen, z.B. die «Hertzsche Dipol-Lösung» nicht haben: Für jedes t>0
ist die in der Kugel x2+y2+z2
< c2t2 enthaltene elektromagnetische Energie unendlich.
Die Erzeugung von EM-Wellen des «neuen» Kiehnschen Typs mit Hilfe von
Spin- und Torsionsfeldgeneratoren dürfte auf damit unüberwindliche
Hindernisse stoßen, denn die zum Experimentieren erforderliche unendliche elektromagnetische
Energie kann auch
in keinem noch so raffinierten Experiment bereitgestellt werden, auch nicht in Kasachstan.
Denn auch hinter dem Ural hat man nur endlich viel Energie zur Verfügung.
Dies nimmt Berichten über angeblich beobachtete drastische
biologische Wirkungen der «Kiehnschen Wellen», u.a.
«Bewusstseinsstörungen und heftige allergische Reaktionen», den letzten Rest von Glaubwürdigkeit:
Was auch immer die Ursache dieser Effekte gewesen sein mag, die «Kiehnschen Wellen» waren es jedenfalls nicht,
da man sie - wegen Energiemangels - überhaupt nicht erzeugen kann.
Abschließend möchte ich meine Hoffnung darüber ausdrücken, dass die hier von mir aufgeführten
simplen Gegenargumente zu den Anwendungen der Kiehnschen Theorie für Sie, lieber Leser,
den Nutzen haben, dass Sie großartig verkündeten Neuerungen künftig stets mit der gebotenen
Skepsis gegenüber treten.
Gerhard W. Bruhn
Die Beiträge von H. Klein erscheinen schwarz kursiv,
die Beiträge von G.W. Bruhn in blauer Normalschrft.
Nach heutigem Kenntnisstand wird die gesamte Welt des Elektromagnetismus von den Maxwell-Gleichungen beschrieben.
Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Aber auch umgekehrt: Jede Lösung der Maxwell-Gleichungen beschreibt einen elektromagnetischen Vorgang.
Mathematisch handelt es sich dabei um ein System von vier partiellen Differentialgleichungen in drei Raumkoordinaten und einer Zeitkoordinate. Das bekannte elektromagnetische Feld ist eine Lösung dieses Gleichungssystems. Die Maxwellsche Theorie ist ca. 120 Jahre alt und in diesem Zeitraum sehr genau untersucht und bestätigt worden. Die Frage, ob eine Erweiterung dieser Theorie erforderlich ist, würde sich erst dann ernsthaft stellen, wenn gesicherte experimentelle Befunde vorlägen, die sich mit der vorhandenen Theorie nicht mehr erklären lassen. Das ist meines Wissens bisher nicht der Fall.
Da haben Sie sehr recht: Entscheidend für das Hinreichen der Maxwell-Gleichungen ist das Experiment. Und da gibt es, wenn man die QED mit einschließt, keinen Grund zur Unzufriedenheit.
Es gibt jedoch eine andere sinnvolle Fragestellung: Existieren möglicherweise außer dem elektromagnetischen Feld noch weitere Lösungen der Maxwell-Gleichungen?
Was sind w e i t e r e Lösungen der Maxwell-Gleichungen??? Die Gesamtheit der Lösungen der Maxwell-Gleichungen sind doch gerade die möglichen elektromagnetischen Vorgänge.
Dieser Einwand ist völlig korrekt; ich habe hier nicht sorgfältig genug formuliert. Gemeint war folgendes: Gibt es Lösungen der Maxwell-Gleichungen, also gültige elektromagnetische Vorgänge, die sich nicht auf die klassische Weise herleiten bzw. errechnen lassen?
Auch diese Formulierung ist nicht besser. Was ist denn die klassische Weise, Lösungen der Maxwell-Gleichungen herzuleiten? Die zwei Beispiele von R.W. Kiehn in seinem Übersichtsartikel sind ja durchaus klassisch, nämlich aus Potentialen (A,Φ), hergeleitet. Aber sie haben ein Manko, das üblicherweise in Anwendungen verwendete Lösungen nicht haben. Sie besitzen unendlichen Energieinhalt, denn die Integration von E2 und H2 schon über die «Licht-Kugel» x2+ y2+ z2 < c2t2 liefert das Ergebnis «unendlich». Derartige Lösungen sind bisher als physikalisch nicht erzeugbar angesehen worden.
Eine solche Frage [die nach «weiteren Lösungen»] ist durchaus nicht trivial und schon gar nicht einfach zu beantworten. Die übliche Methode des ineinander Einsetzens und Umformungen nach den Regeln der Vektoranalysis führt zur bekannten Wellengleichung, liefert jedoch keine neuen Erkenntnisse.
Neu sind die Erkenntnisse wahrlich nicht, denn die Wellengleichung steht schon in Maxwells «Treatise». Doch besagen diese Erkenntnisse immerhin, dass jede C2-Maxwell-Lösung auch der Wellengleichung genügen muss. Aber die Umkehrung ist nicht wahr: Es gibt Lösungen der vektoriellen Wellengleichung
ΔE = c–2 Ett, εμ = c–2,
die nicht «maxwellsch» sind:
(1) E = E0 eiω(t – z/c) mit konstantem E0
ist nur für E0 || k maxwellsch; sonst enthält E eine Longitudinalkomponente in Fortschreitungsrichtung k, und E verletzt dann die Maxwell-Bedingung div D = 0.
(2) E = tE0(x) mit Δ E0 = 0 und div E0 ≠ 0 ,
z.B. E = t
x mit div E = 3t, ist nicht maxwellsch.
In der Ignorierung dieser Tatsachen besteht einer der diversen Fehler des Herrn Meyl.
Andererseits gibt es einige Hinweise auf die mögliche Existenz eines noch nicht näher bekannten Feldes, insbesondere aus dem Bereich der «alternativen» Medizin, Homöopathie, Orgonenergie, Akupunktur, Heilsteine und Erdstrahlen sind seit Jahrzehnten immer wiederkehrende Themen, die sich nicht einfach nur als Spinnerei abtun lassen. Auf der Website der «Deutschen Gesellschaft für Energetische und Informationsmedizin (DGEIM)» finden sich einige aktuelle Informationen zu diesem Themenkreis.
Wenn Sie die «Hinweise» meinen, die kürzlich auf der DGEIM-Tagung zum Besten gegeben wurden, muss ich Ihnen widersprechen. Ich habe mir das einen Tag lang angetan. Was da erörtert wurde, war pure Esoterik, mit wissenschaftlichen Methoden hat das nichts zu tun. Der von Ihnen unten erwähnte Herr Meyl, dem sich zur Stützung seiner Thesen schwerwiegender und irreparabler mathematischer Regelverletzungen bedient, ist bezeichnenderweise Vizevorsitzender der DGEIM, nach meinem Eindruck sogar der eigentliche Vorsitzende. Meyl steht, wie er immer wieder betont, «auf dem Boden der Maxwell-Theorie, leitet sie sogar her», ist aber dennoch der Meinung, die Maxwellschen Gleichungen müssten modifiziert werden, und gibt dafür sogar eine «Herleitung». Näheres dazu steht auf meiner Website.
Ein gewisses Aufsehen im deutschsprachigen Raum haben in
den letzten Jahren die fehlerhaften Herleitungsversuche elektromagnetischer
«Skalarwellen» von Konstantin
Meyl (www.K-Meyl.de) erregt, die von
Gerhard Bruhn (www2.mathematik.tu-darmstadt.de/~bruhn)
widerlegt wurden. Zu neuen Erkenntnissen hat dieser etwas bizarre Streit aber
auch nicht gerade geführt.
Das hängt davon ab, was man weiß. Viele der Anwesenden
haben auf der DGEIM-Tagung zum ersten Mal erfahren, dass die Thesen des Herrn
Meyl seitens der Physik bestritten werden. Das betrifft auch die Welt des
Internet, wo ja viele Leute völlig ungeniert ihren geistigen Müll abzukippen
versuchen.
Gut, das ist natürlich ein Argument! Ich war bisher davon ausgegangen, dass den Teilnehmern bzw. Lesern bekannt war, dass die Sache umstritten ist.
Zur DGEIM kann ich nichts Substanzielles sagen und auf der Tagung war ich auch nicht dabei. Ich lasse Ihre Aussage daher im Raum stehen und schlage vor, den Hinweis auf die DGEIM durch einen Hinweis auf die Bücher von Marco Bischof „Biophotonen – Das Licht in unseren Zellen“ Verlag Zweitausendeins, Frankfurt a. Main 2002 und „Tachyonen Orgonenergie Skalarwellen – Feinstoffliche Felder zwischen Mythos und Wissenschaft“ AT-Verlag, Aarau, Schweiz 2003 zu ersetzen. Beide Bücher enthalten eine Vielzahl von Hinweisen zum Thema und sind in einer Form geschrieben, die durchaus als wissenschaftlich gelten kann, auch wenn der Themenbereich zugegebenermaßen sehr umstritten ist.
Keiner der auf der DGEIM-Tagung aufgetretenen Referenten hat Publikationen in anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften aufzuweisen. Dies gilt aber als allgemein als Nachweis für die „Wissenschaftlichkeit“ eines Autors. Auch die genannten Bücher rechnen nicht zum Bereich der Wissenschaften.
In dieser Frage helfen keine auf Meinungen und Überzeugungen beruhende Diskussionen weiter, sondern nur eine exakte mathematische Untersuchung. Das geeignete Werkzeug dazu ist die Differential-Topologie.
Um Meyl’s Thesen zu widerlegen, ist die Differential-Topologie völlig nutzlos, da dieser schon mit der Mathematischen Physik der letzten «hundertzwanzig Jahre» ernste Probleme hat. Die klassische Mathematische Physik reicht da völlig.
Da gebe ich Ihnen völlig recht, aber hier habe ich wirklich nicht die Meyl´schen Thesen gemeint. Die Formulierung „In dieser Frage“ bezieht sich auf die oben gestellte Frage nach nicht auf klassischem Wege erhältlichen Lösungen.
Die exakte Durchführung einer solchen Untersuchung ist
äußerst komplex und erfordert ein sehr tief gehendes mathematisches
Verständnis. Hier sollen deshalb nur die Grundgedanken, gewissermaßen der
«rote Faden», erläutert werden:
Das grundlegende Vorgehen der Differential-Topologie ist
folgendes: Eine partielle Differentialgleichung wird durch eine geeignete
Abbildung in eine topologische Fläche überführt. Die Eigenschaften dieser
Fläche können dann mit topologischen Methoden untersucht werden und die
Ergebnisse liefern häufig Einsichten, die mit den üblichen
Integrations-Methoden nicht zu gewinnen sind. Für das Maxwell-System hat R. M.
Kiehn erstmals eine umfassende Differential-Topologische Untersuchung durchgeführt
und im November 2003 zum Abschluss gebracht.
Das Maxwell-System besteht aus vier partiellen Differentialgleichungen, von denen jeweils zwei enger zusammengehören. Die Maxwell-Faraday-Gleichungen
rot E + Bt = 0 und div B = 0
folgen dem Postulat der Flußerhaltung bzw. Ladungserhaltung und können auf die topologische Form F–dA = 0 reduziert werden. Die Maxwell-Ampére-Gleichungen
rot H – Dt = J und div D = ρ
folgen aus dem Postulat der Stromerhaltung und können auf die topologische Form J–dG = 0 reduziert werden. Aus diesen vier topologischen Größen F, A, J und G läßt sich durch das Bilden aller möglichen äußeren Produkte die vollständige Pfaff-Sequenz ableiten. Deren Elemente können nun einzeln daraufhin untersucht werden, ob sie Deformations-Invarianten sind, was als Voraussetzung für physikalische Relevanz gelten kann. Es ergibt sich, dass das Maxwell-System drei (und nur drei) Deformations-Invarianten besitzt, wovon eine das klassische elektromagnetische Feld beschreibt. Die beiden anderen beschreiben «neue» Felder, das
Spinfeld S = A × H + D Φ und das Torsionsfeld T = E × A + B Φ.
Spinfeld und Torsionsfeld hängen von den messtechnisch nur unvollständig bestimmbaren Potentialen A,Φ ab, sind somit nicht eichinvariant, also physikalisch nicht relevant. R.M. Kiehn definiert in seinem Übersichtsartikel Transversalität durch:
transverse electric (in the topological sense) : <=> A·D = 0
transverse magnetic (in the topological sense) : <=> A·B = 0
Beide Eigenschaften sind nicht eichinvariant, also physikalisch nicht relevant. Überdies heißt es in Kiehn's "A Topological Perspective of Electromagnetism" (s.u.) auf S. 7:
" The geometric definitions of transverse waves may or may not be equivalent to the topological definitions.”
Das klingt ein wenig wie die klassische Wettervorhersage: Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich’s Wetter oder es bleibt wie es ist.
Da besteht wohl noch einiger Diskussionsbedarf. Z.B. kann man für die bekannte ebene Welle
E = i E0 eiω(t-z/c) , B = k × E / c ,
bei der bekanntlich elektrisches und magnetisches Feld transversal und zueinander senkrecht schwingen, den magnetischen Vektor aus einem Vektorpotential A || E herleiten. Dann folgt im Sinne von Kiehn, dass [E,B] zwar "transverse magnetic", nicht aber auch "transverse electric" ist, was dann doch nicht so ganz überzeugend sein dürfte.
Das sehe ich genau so. Es ist schon mal ein Gewinn, dass Kiehns Arbeiten überhaupt auf einem wissenschaftlichen Niveau diskutiert werden. Zunächst ein offenes Wort: Ich bin durchaus in der Lage, die Maxwellsche Theorie mathematisch nachzuvollziehen, aber meine topologischen Kenntnisse reichen nicht aus, um Kiehns Arbeiten vollständig nachvollziehen zu können. Daher kann ich den Inhalt nur sehr eingeschränkt verteidigen. So weit ich es beurteilen kann, sind die Arbeiten zumindest mathematisch korrekt.
Wenn Sie mit „mathematisch korrekt“ rechnerisch richtig meinen, stimme ich dem zu. Beim Nachrechnen habe ich bisher nur ein paar marginale Vorzeichenfehler gefunden. Anders aber sieht es mit der Deutung von Rechenergebnissen aus: Es ist eine Trivialität, dass die Einführung eines neuen Transversalitätsbegriffes Wellen als nicht-transversal erscheinen lässt, die es nach der herkömmlichen Definition waren. Diese Umdeutung von eingeführten Begriffen, bei der sich selbst die ebene Welle, die bisher aus guten (geometrischen) Gründen als elektrisch und magnetisch transversal gilt, als nicht-transversal im Sinne von Kiehn erweist, ist äußerst fragwürdig. Überdies ist Kiehns Transversalitätsdefinition nicht eichinvariant, wie man am Beispiel der ebenen Wellen leicht nachrechnen kann.
Die Bemerkung mit der Eichinvarianz ist ein gewichtiges Argument. Es geht hier im Kern um die immer wieder gestellte Frage, ob die Potentiale physikalische Realität besitzen. Ich kann dazu nur anmerken, dass es darüber seit einigen Jahren einen ernsthaften Streit zwischen theoretischen Physikern gibt.
Die beanstandeten Mängel des Kiehnschen Transversalitätsbegriffes im Fall der ebenen Welle bedeuten schlicht, dass Kiehns neue Definition bereits im einfachsten Fall schlicht sinnlos ist. Und das hat noch nicht einmal etwas mit „Eichinvarianz“ zu tun: Herr Kiehn hat bisher nicht dargetan, dass es für ebene Wellen auch nur eine Eichtransformation gibt, die seine „topologische Transversalität“ mit der herkömmlichen Transversalität, etwa im Spezialfall der ebenen Wellen, zur Deckung brächte. Darin besteht der fatale Fehler der Kiehnschen Entwicklungen: Es ist durchaus in der Wissenschaft erlaubt, neue Begriffe zu definieren. Verwendet man aber gleiche oder ähnliche Bezeichnungen wie im herkömmlichen Fall, so dürfen die neuen Bedeutungen nicht völlig «transversal» zu den früheren wohlbegründeten Bedeutungen liegen, sonst handelt es sich um puren Etikettenschwindel, nur geeignet, harmlose Geister zu verwirren.
Bei aller Theorie sollte man jedoch die experimentelle Seite nicht ganz aus den Augen verlieren. Felder, wie sie Kiehn hergeleitet hat, lassen sich auf experimentellem Wege erzeugen. Spin- und Torsionsfeldgeneratoren werden meines Wissens hauptsächlich in Karaganda, Republik Kasachstan, gebaut. Ein elektrodynamischer Spinfeldgenerator ist z.B. in www.pmicro.kz/MISC/ULF/Almanach/3n99/EdynamicA.htm ausführlich beschrieben. Mehr dazu weiter unten.
Das ist mit Sicherheit falsch. Wie bereits oben bemerkt, haben die Kiehnschen Beispiel-Lösungen keine endliche Energie. Die Kiehnschen Felder kann man daher auch in Kasachstan nicht realisiert haben – schlicht aus Energiemangel!
Wer das alles genauer wissen will, dem sei zunächst der Übersichtsartikel "Electromagnetic Waves in the Vacuum with Torsion and Spin" empfohlen. Die ausführlicheren Originalarbeiten " A Topological Perspective of Electromagnetism" (23 Seiten) und " Non-Equilibrium and Irreversible Electrodynamics" ( 76 Seiten ) können auch auf Kiehns Website "Cartans Corner" (www.Cartan.pair.com) heruntergeladen werden. Dort finden sich auch schöne Beispiele für nicht-transversale Vakuumlösungen der Maxwell-Gleichungen, womit auch die «Skalarwellen» ihre mathematisch korrekte Begründung finden.
Welche Skalarwellen bitte? Die von K. Meyl oder gar die von T. Bearden??? Dass an Hand der Kienschen Klassifikation ein Beitrag zur Neudefinition des Begriffs «transversal» geleistet werden kann, wage ich zu bezweifeln.
Die „Skalarwellen“ von Meyl haben Sie bereits überzeugend widerlegt, die von Bearden kenne ich nicht. Meine Aussage bezieht sich auf Kiehns Bemerkung über neue Vakuum-Lösungen , die nicht transversal seien. Wie weit dies zutrifft, muß sich noch zeigen.
Kiehns Beispiel-Wellen mögen in seinem Sinne „topologisch transversal“ sein, aber für deren geometrische Transversalität besagt dies aber rein gar nichts.
Die übliche «geometrische» Definition findet
sich schon bei A. Sommerfeld, Mechanik der deformierbaren Medien (1949), S.102,
wo die Differentialgleichung der elastischen Schwingungen durch Anwendung von
div und rot zu je einer «longitudinalen» und einer «transversalen»
Gleichung
(mit unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten) führt. Sommerfeld spricht
im ersten Fall von «Kompressionswellen», im zweiten Fall von «Torsionswellen».
Fragt man nach diesem Muster nach elektromagnetischen «Kompressionswellen», so
erhält man aus der allgemeingültigen Wellengleichung für E oder H
je eine solche für div E und div H. Aber die
Maxwellschen Quellbedingungen div D = 0 und div B = 0 lassen nur die
Amplitude 0 für die «Kompressionswellen» zu.
(Bei mathematisch-topologischen Verdauungsproblemen
empfehle ich einen kräftigen Schluck Kräuterbitter, stilecht in einer
Kleinschen Flasche serviert.)
Das eigentlich Interessante ist, dass es sich um
zusätzliche Lösungen der lange bekannten Maxwell-Gleichungen handelt. Es ist
keine Erweiterung und keine neue Theorie erforderlich.
Diese Ihre Feststellung hat natürlich Konsequenzen für die möglichen elektromagnetischen Effekte.
Die Konsequenzen, besonders im medizinischen Bereich, sind noch gar nicht abzusehen. Es gibt ernsthafte Hinweise darauf, dass Spin- und Torsionsfelder eine wichtige Rolle für die Informationsübertragung in biologischen Organismen spielen und wahrscheinlich auch die Grundlage des Bewusstseins sind.
Im Gegensatz zu den messbaren elektromagnetischen Größen sind die Spin- und Torsionsfelder nicht eichinvariant. Der Nachweis einer wichtigen Rolle für die Informationsübertragung in biologischen Organismen würde demnach die Messbarkeitsgrenze verschieben, und das gehört bisher ins Reich der Spekulation. Kein Physiker kann Angaben darüber machen, welcher Gradient zu einem gegebenen Vektorpotential zu addieren ist, um eine physikalisch korrekte Beschreibung zu liefern. Der Gradient bleibt ohne messbare physikalische Wirkung.
Neben allen Spekulationen gibt es aber auch einige höchst interessante Experimente. Der oben erwähnte elektrodynamische Spinfeldgenerator hat z.B. drastische biologische Wirkungen; er kann als äußerst gefährlich für die Gesundheit eines Experimentators gelten. Beobachtet wurden Bewusstseinsstörungen und heftige allergische Reaktionen bis hin zum völligen Zusammenbruch des Immunsystems. Andererseits wird auch beschrieben, wie sich durch korrekte Anwendung die physikalischen Eigenschaften von Wasser ändern lassen www.pmicro.kz/MISC/ULF/Almanach/4n99/WaterA.htm . Das könnte durchaus erstmals zu einer physikalisch korrekten Erklärung der Homöopathie führen.
Nach den oben aufgezeugten Mängeln der Kiehnschen Entwicklungen kann man die Herstellung von Zusammenhängen zwischen «elektrodynamischen Spinfeldgeneratoren» und «drastischen biologischen Wirkungen wie Bewusstseinsstörungen» getrost als äußerst spekulativ und unwissenschaftlich bezeichnen.
Es sollte noch angemerkt werden, dass die hier beschriebenen «neuen» Felder in den Ländern des ehemaligen Ostblocks seit über 20 Jahren bekannt und untersucht worden sind. Dort führten astronomische Beobachtungen (Nicht-abschirmbare Signale mit Überlichtgeschwindigkeit) zur Entdeckung.
Ihnen wird nicht entgangen sein, dass alle Lösungen der (homogenen) Maxwell-Gleichungen aus mathematischen Gründen hinsichtlich der Ausbreitungsgeschwindigkeit der EM-Wellen der Beschränkung unterliegen, dass Wellenfronten (höchstens) mit «Lichtgeschwindigkeit» c = (εμ)–1/2 laufen können (Courant-Hilbert: Methoden der Mathematischen Physik II (Nachdruck von 1968), Kap. VI, § 4, S. 379 ff.) Für Ihre «nichtabschirmbaren Signale mit Überlichtgeschwindigkeit» können demnach nicht die Maxwell-Gleichungen zuständig sein. Sollten also die von Ihnen beschriebenen «Ostblock-Effekte» tatsächlich physikalisch (und nicht nur psychisch) real sein, so wäre dass der Nachweis, dass hier andere Grundgleichungen gültig sind.
Solange man sich auf die klassischen EM-Wellen bezieht, haben Sie zweifelsohne Recht. Bei Wellen, wie sie Kiehn angegeben hat, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Vielleicht sind hier auch tatsächlich andere Grundgleichungen zuständig. Ich gebe einfach mal meine Quelle an: Yu. V. Nachalov, A. N. Sokolov „Experimental investigation of new long-range actions“ www.amasci.com/freenrg/tors/doc17.html Darin werden die Originalarbeiten zitiert und die Quellen angegeben. Bleibt natürlich noch die Sprachbarriere: russische Sprache und kyrillische Schrift.
Ja, was denn nun, Herr Klein? Herr Kiehn beschäftigt sich nach eigenem Bekunden allein mit den Maxwellschen Gleichungen und nicht mit irgendwelchen «anderen Grundgleichungen». Und die dabei oben aufgezeigten Mängel von «Kiehns Wellen» kann jeder durch Rechnung leicht nachprüfen, z.B. den unendlichen Energieinhalt. Wenn die zitierten Arbeiten etwas mit «Kiehns Wellen» zu tun haben, wundert es mich nicht, dass die genannten Arbeiten die Sprachbarriere bisher nicht überwunden haben.
Inzwischen sind dort Generatoren, Detektoren und komplette
medizinische Diagnose- und Behandlungssysteme kommerziell erhältlich. Eine
Tatsache, bei der man einmal mehr merkt, wie sehr diese «Republik der
ruhigen Hand» bereits die rote Laterne trägt und es nicht einmal
mitbekommt.
Was aber Gutgläubigkeit anbelangt, liegen wir unbestritten an der Weltspitze.
Eine gesunde Skepsis ist sicherlich angebracht, solange man die Überprüfung nicht gänzlich unterlässt. Argumente nach dem Strickmuster «kann gar nicht sein» stehen meist auf sehr wackeligen Beinen. Aber diese Diskussion zeigt ja bereits in die richtige Richtung.
Was hier auf wackeligen Beinen steht, haben wir oben deutlich gesehen: Ich denke, eine Reihe von guten Gründen genannt zu haben, weshalb die von Ihnen, Herr Klein, vertretenen Entwicklungen ins Reich äußerst fragwürdiger Spekulationen gehören. Da ist wirklich jede Skepsis angebracht. Das kann so nicht sein.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard W. Bruhn